Zunächst folgt eine Anleitung, wie man meditiert und dann werde ich die Effekte der Meditation auf das Selbstbewusstsein beziehen.
Vorbereitung: Suche Dir einen ruhigen Platz, an dem Du sitzen kannst mit möglichst aufrechter Wirbelsäule. Ob Du dabei auf einem Stuhl sitzt oder im Schneidersitz, spielt keine Rolle. Das wichtigste ist, dass du aufrecht sitzt, weil Du Dich dann zugleich entspannen und aufmerksam bleiben kannst. Du solltest so sitzen, dass es für 20 Minuten angenehm bleibt.
- Sammlung: Der erste Schritt besteht in der Sammlung, die eine Beruhigung des Geistes zum Ziel hat. Dafür braucht man ein Meditationsobjekt. Für Anfänger ist sicherlich der Atem am besten geeignet. Daher atmest Du am Anfang der Sitzung ein paar mal tief ein und aus. Und dann konzentrierst Du Dich auf eine Stelle, an welcher Du den Atem gut spürst. Ich nehme dazu meist das Heben und Senken der Bauchdecke (wodurch man eine tiefe Bauchatmung unterstützt). Man kann sich aber auch auf das Ein- und Ausströmen der Luft in der Nase oder im Brustkorb fokussieren.
Und zwar achtet man dafür einfach auf den Atem so wie er ist. Ohne ihn zu beeinflussen nimmt man ganz schlicht und unmittelbar wahr, wie der Atem kommt und geht. Schnell werden alle möglichen Gedanken kommen, die einen „mitziehen“ bzw. dazu verlocken, ihnen nachzuhängen. Das ist vollkommen natürlich und normal. Wenn das passiert, kehre einfach zum Atem zurück. Es geht nicht darum, die Gedanken zu unterdrücken. Das ist unmöglich. Es geht darum, den Zustand der Sammlung, also des schlichten Verweilens bei der Atmung, durch diese Übung zu verlängern. Dadurch wird der Geist ruhig und ausgeglichen. Ich mache die Sammlung meistens solange, bis ich das Gefühl habe, dass mein Geist einigermaßen klar und ruhig ist.
- Offene Präsenz: Die zweite Phase der Meditation hat kein Meditationsobjekt. Hier geht es darum, sich in einen Zustand des reinen Bewusstseins oder des reinen Gewahrseins hinein zu entspannen. Dieses Gewahrsein braucht man nicht zu erzeugen. Es ist schon da, in diesem Augenblick, unmittelbar und direkt. Konkret bedeutet das, dass alle möglichen Dinge auftreten: Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle, Geräusche etc. Nimm sie einfach wahr. Hier wird es schwer, diesen Zustand zu beschreiben, aber ich würde sagen, in der offenen Präsenz gibt es zwei Haltungen, die sich gegenseitig ergänzen bzw. im Grunde genommen dasselbe sind: Akzeptanz und Loslassen.
Akzeptanz bedeutet, alle Gedanken, Gefühle und sinnlichen Eindrücke anzunehmen wie sie sind. Nicht gegen sie anzukämpfen, sondern sie voll und ganz als Teil der Wirklichkeit zu akzeptieren. Du brauchst nicht Dein eigener Feind und Kritiker zu sein, sondern Du hast die Möglichkeit durch die Meditation mit Dir selbst Freundschaft zu schließen. Das bedeutet Deine Stärken und Schwächen anzunehmen, und Dich als den zu akzeptieren der Du bist.
Loslassen bedeutet, dass Du in der Meditation merken wirst, dass Gedanken und Gefühle kommen und gehen, dass Dein Gewahrsein, oder Dein Bewusstsein aber bleibt! Das bedeutet, dass Du nicht Deine Gefühle und Gedanken bist, sondern sie nur hast. Egal wie revolutionär und wie schön, oder auch wie stumpf und hässlich die Gedanken sein mögen, die während der Meditation aufkommen: sie gehen vorbei. Du bist mehr als sie. Du bist niemals deine Gedanken und Gefühle, sondern Du bist das Bewusstsein, das sie hat.
Meditation ist kein Wundermittel! Es ist eine Übung, ein Training, das der Wiederholung bedarf. Es ist ein sehr nützliches Werkzeug, um Selbstbewusstsein zu entwickeln, aber man muss geduldig und hartnäckig sein. Am besten praktiziert man täglich. Von daher ist es am besten, wenn die Meditation ein ganz natürlicher Bestandteil Deines Tagesablaufs wird, wie Zähneputzen oder Duschen. Begeisterung ist gut, vor allem am Anfang. Aber Begeisterung lässt schnell nach. Erst über die Zeit hinweg wird sich der unschätzbare Wert der Meditation nach und nach zeigen. Dann wird man aus eigener Erfahrung heraus verstehen, warum es wichtig ist, täglich zu meditieren.
Wozu ist Meditation gut?
Ich denke, Meditation ist ein Selbstzweck und sollte nicht unter dem Imperativ der Nützlichkeit stehen. Die Meditation ist dazu da, das Nicht-Erreichen zu erreichen. Das kann man nicht dadurch erreichen, dass man etwas erreichen will, weil einen das prinzipiell vom Nicht-Erreichen trennt. Mit anderen Worten: In der Meditation geht es darum, einfach hier und jetzt zu sein. Ohne ein Ziel, ohne zu kämpfen, sondern leicht, frei und glücklich in der Unmittelbarkeit der Existenz zu ruhen.
Dennoch hat die Meditation natürlich einen Sinn. Diese Meditation habe ich dem Buddhismus entnommen und praktiziere sie selbst seit einigen Jahren regelmäßig (wobei es Unterbrechungen gibt, auch längere, aber ich komme immer wieder darauf zurück und übe dann täglich). Ich habe hier auf buddhistische Wörter verzichtet, weil Meditation in meinen Augen universal ist und nichts mit konfessioneller Religion zu tun hat. Tatsächlich kann man den Effekt der Meditation mit dem Wort „Selbstbewusstsein“ ziemlich gut beschreiben. In der Meditation bin ich mir meiner Selbst bewusst. Das bedeutet, ich nehme meine Gedanken und Gefühle viel genauer wahr. Im Alltag hat das den Effekt, dass ich sie weniger auf die Außenwelt und auf andere Menschen projiziere. Dadurch fällt es mir leichter, meinen Mitmenschen so zu begegnen, wie sie sind.
Meditation wirkt auf mehreren Ebenen auf das Selbstbewusstsein
Ich bin selbstbewusster dadurch, dass ich ausgeglichener und ruhiger bin und nicht mehr so leicht von meinen Emotionen mitgerissen werde. Dadurch bin ich nicht gefühlskälter als vorher aber ich habe im Laufe der Zeit durch die Meditation einen souveräneren Umgang mit meinen Gefühlen entwickelt. Ich nehme sie viel schneller wahr. Früher habe ich oft lange nach einem emotionalen Ereignis realisiert, welche Emotionen ich hatte. Heute nehme ich Emotionen direkter wahr und kann sie deshalb besser kommunizieren. Außerdem kann ich mich besser über längere Zeit auf eine Tätigkeit konzentrieren und bin nicht mehr so sprunghaft. Das hilft mir in vielen Bereichen meines Lebens und verhilft so zu mehr Selbstbewusstsein in dem, was ich tue.
Im Laufe der Zeit schenkt einem die Meditation hin und wieder Gipfelerfahrungen spiritueller Natur. In diesen verspürt man Verbundenheit, Freiheit, universellen Frieden und nicht-bedingtes Glück. Diese Erfahrungen geben einem besonders viel und steigern das Selbstbewusstsein in der Hinsicht, dass man die Natur des Geistes und seinen Platz im Kosmos erkennt bzw. besondere Qualitäten wie Dankbarkeit, Mitgefühl und Liebe, Friedfertigkeit, Freude etc. entwickelt. Dadurch steigt die Lebensqualität besonders. Ich muss hinzufügen, dass man nicht an diesen Gipfelerfahrungen anhaften sollte, sondern dass auch sie kommen und gehen.
Meditation und Wissenschaft
In den letzten Jahren haben Publikationen über das Verhältnis von Meditation zu Gesundheit, Psyche, kognitiver Leistung und sozialem Verhalten stark zugenommen. Die Erfahrungen, die ich schilderte, spiegeln sich auch in der Literatur wieder. So steigert Meditation die Konzentrationsfähigkeit und reduziert Stress und Angst, macht also ausgeglichener. Auch emotionaler Stress und Schmerzen werden durch Meditation reduziert. Dadurch, dass man durch Meditation ein hohes Selbstbewusstsein entwickelt und sich selber begegnet, scheint das Gehirn „automatisch“ zu lernen, wie man einen gelasseneren Umgang mit sich und der Welt entwickelt. Die Zeit, die man sich nimmt, um sich auf Basis dieser meditativen Praxis selbst zu begegnen ist sinnvoll angelegt und hat sehr vielfältige positive Auswirkungen. Zwei ausführliche Artikel mit Quellenangaben findest du hier und hier.
Das letztliche Ziel der Meditation bleibt es, ein Selbstbewusstsein zu entwickeln, das unzerstörbar ist, weil es nicht von äußeren Faktoren abhängig ist. Dieses Selbst ist der Zeuge, der alles wahrnimmt, selber aber nicht wahrgenommen werden kann. Mein Artikel zu Ramana Maharshi geht auf diesen Punkt näher ein. Dieses Selbstbewusstsein geht einher mit absoluter Furchtlosigkeit und dem Vertrauen, jeder Situation angemessen begegnen zu können. Dies lässt sich auf die grundlegende Natur des Geistes zurückführen. Die Natur des Geistes besteht im reinen Gewahrsein, was ein Synonym für den universalen Zeugen ist. Dieses reine Gewahrsein ist leer und „leuchtend“. Erleuchtung bedeutet also, dass unser Gewahrsein ein Licht auf die Welt wirft. Daher kann die ganze Welt in unserem Bewusstsein erscheinen. Somit sind wir tatsächlich schon erleuchtet. Meditation bedeutet einfach nur, den Schleier wegzunehmen, der verhindert, dass wir diese Realität erkennen.
Durch die Meditation entwickeln wir im Laufe der Zeit einen inneren Frieden der grenzenlos ist und nicht bedingt durch äußere Umstände. Wir können unser Leben intensiv erfahren und vollends in es eintauchen. Durch Meditation lernen wir, die Vorzüge des Daseins zu genießen und mit seinen Nachteilen gelassen umzugehen. Wir können unser Selbst vollständig akzeptieren und es zugleich vollständig loslassen. Somit können wir uns von unserem begrenzten, bedingten, endlichen Bewusstsein zu einem Selbstbewusstsein aufschwingen, das der wahren Natur des Geistes entspricht: Unendlich, unbedingt, unbegrenzt.
4 Gedanken zu „Wie Du durch Meditation Selbstbewusstsein entwickelst“