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Sinn des Lebens: Die Unendlichkeit des Seins

Vor kurzem habe ich eine Dokumentation gesehen, die mich sehr bewegt hat. Ich habe sie mittlerweile zwei Mal gesehen und kann sie uneingeschränkt empfehlen

In dieser Dokumentation geht es darum, dass der Mensch in vielen Hinsichten wesentlich unbedeutender ist, als er von sich selber glaubt. Zwar sind viele Themen, die in der Doku angesprochen werden schon bekannt, dennoch sind sie in ihrem Ausmaß immer wieder inspirierend und ein wenig erschreckend zugleich. Die endlosen Weiten des Kosmos und die unglaubliche Vielfalt des Lebens können wohl nicht genug demütig machen. Ein Fakt, der mich besonders nachdenklich gestimmt hat: 99,90% aller Arten, die auf diesem Planeten gelebt haben, sind bereits ausgestorben. Das gesamte Leben der Erde beschränkt sich auf restlichen 0,1%! Und wie hoch ist angesichts dieser Zahl die Chance der Menschheit, langfristig zu überleben? Der Klimawandel erscheint damit umso mehr als tatsächliche Bedrohung, die Menschheit vollständig zu vernichten.

Die Kränkungen der Menschheit

In der Unendlichkeit des Universums ist die Erde weniger als ein Staubkorn. Eine noch kleinere Rolle spiele ich auf diesem Planeten. Ist das nicht eine ungeheure Kränkung, wie sie Freud, neben der Kränkung durch das Unbewusste („Das Ich ist nicht Herr im Hause“), und der Kränkung durch die Evolution (Wir sind nicht von Gott geschaffen, sondern stammen vom Affen ab) diagnostizierte? Ist dadurch nicht all unser Handeln auf gewisse Weise beliebig, wenn es für niemanden außer uns selbst relevant ist?

Aus einer materialistischen Position folgt für viele die schiere Sinnlosigkeit des Daseins. Ich denke, und nehme es auch wahr, dass viele Menschen unter der Erzählung der Nicht-Erzählung leiden. Was ich damit ausdrücken möchte ist, dass es früher große Erzählungen gab. Wie der Mensch auf die Erde kam, und was seine Bestimmung ist. Diese erscheinen uns heute höchstens noch als tiefenpsychologisch ausdeutbare Mythen. Die heutige Erzählung ist, dass es vor mehr als 13 Milliarden Jahren aus unerfindlichen Gründen einen Urknall gab. Dieser führte mehrere Milliarden Jahre später dann zufällig zur Entstehung unserer Sonne und zur Erde. Auf welcher die Bedingungen zufällig so günstig waren, dass Leben entstehen konnte. Und darunter nach ein paar Millarden Jahren zufällig der Mensch, der nun obendrein kurz davor steht, sich aus Gier selbst auszulöschen.

Auf diesem kleinen Punkt befindet sich (fast) die ganze Menschheit. Das ist ein reales Foto der Raumsonde Cassini, geschossen vom Saturn aus.

Der bedeutungslose Mensch

In dieser Erzählung, die keine ist, weil es keine Handlung, keinen Helden und kein absehbares Ende gibt, ist der Mensch – um es mal zynisch auszudrücken – ein Abfallprodukt des Universums. Der Mensch ist vom Universum nicht gemeint. Und ich finde, dass ist eine legitime Sichtweise auf unsere Existenz. Ich bin dagegen, diese Erzählung, diesen Kenntnisstand der Astronomie und Evolutionsbiologie, zu beschönigen. Die entscheidende Frage ist, was man für Konsequenzen aus dieser Weltanschauung zieht.

Welche Ziele habe ich im Leben?

Was ist also angesichts dieser Bedeutungslosigkeit? Meine Gedanken dazu: zunächst einmal existieren wir. Das bedeutet, wir sind hier und jetzt auf der Erde. Wir sind biologische Wesen, die einen sehr tief sitzenden Willen zum Leben haben. Dieser Wille zum Leben drückt sich darin aus, dass wir alle glücklich werden wollen. Und Glück suchen sich Menschen auf unterschiedlichen Wegen. Glück kann in verschiedenen Gestalten erscheinen. Zum Beispiel gemäß der bekannten maslowschen Bedürfnispyramide als materielle Erfüllung (gutes Essen, viel Schlaf, eine schöne Wohnung, guter Sex, …). Oder als soziale Erfüllung (Anerkennung, gute Freunde, anderen Menschen helfen, …). Oder als Selbstverwirklichung (als Wissenschaftler, als Künstler, in meinem Beruf, …). Oder als Selbsttranszendenz (Meditation, Ekstase, Mitgefühl). Natürlich sind diese Dinge nicht strikt getrennt voneinander zu betrachten, sondern alle gehören zu unserer Existenz dazu und sind natürliche Aspekte des Menschseins.

Die zwei Wege zum Glück

Dennoch komme ich immer wieder zu dem Schluss, dass es im Grunde genommen zwei Wege gibt, Glück zu erreichen. Der eine ist eher ichbezogen, der andere nicht. Der Ichbezogene versucht Glück durch Genuss, Spaß, Komfort und Sicherheit zu erreichen, der andere versucht es durch gute Taten und Einsicht in das Wesen der Wirklichkeit. Das ist auch die klassische Unterscheidung, die Aristoteles trifft und ich folge ihr, weil ich diese beiden Tendenzen in meinem Leben immer wieder feststelle. Oft habe ich Phasen in meinem Leben, in welchen ich den Weg des kleinsten Widerstandes gehe. Und in denen es darum geht, soviel Spaß und so wenig Frustration wie möglich zu erreichen. Ich muss hinzufügen, dass ich diese Zeiten auf eine gewisse Art und Weise genieße.

Spaß hält nur kurz an

Dennoch bleiben diese Phasen immer nur Phasen und sind nie nachhaltig. Egal, wie sehr ich mich bemühe, den Spaß aufrecht zu erhalten, es erfolgt zwangsläufig immer ein Down, in welchem ich mich wie ausgespuckt fühle. Und in welchem ich an mir selber und meiner Zukunft zweifele. Der Lust zu folgen, erfüllt mich immer nur kurzfristig und ich muss mich immer bemühen, wieder einen Zustand herzustellen, den ich als lustvoll empfinde. Je mehr ich diesen Ansatz verfolge, desto mehr habe ich das Gefühl, mich in einem Kreislauf, einem Hamsterrad zu befinden. Wahrscheinlich ist es dieses Gefühl, dass die Buddhisten als Samsara, den leidvollen Kreislauf der Existenz bezeichnen.

Dann gibt es aber noch den zweiten Weg. In den letzten Tagen habe ich sehr deutlich gespürt, wie groß mein inneres Verlangen danach ist, ein gutes und glückliches Leben zu führen. Mir ist klar geworden, dass es im Leben darum geht, sich immer wieder die ganz ganz großen Ziele vor Augen zu führen. Und hier kann ich den Bogen wieder zurück zum Thema schlagen: wenn ich die Einsicht habe, wie unendlich das Sein ist, dann kann man auch zu dem Schluss kommen, wie sinnlos es ist, dass Menschen leiden, sich gegenseitig, Krieg führen, besinnungslos ihren Begierden folgen (und so Samsara erst erzeugen) und so weiter. Wenn die Erde nur ein Staubkorn ist, warum sollte es kein glücklicher Staubkorn sein?

Bedeutungslosigkeit als Inspiration

Und das ist meines Erachtens die Grundessenz des zweiten Weges, nämlich sich unabhängig von weltanschaulichen Fragen die großen Ziele vor Augen zu führen, wie Liebe, Frieden und Glück. Und es ist möglich und nötig, dass wir unser individuelles Leben an diesen Zielen ausrichten, denn nur dann haben wir die Kraft, konkret etwas durch unser Handeln zu verändern. Gerade die Sinnlosigkeit der Erde kann uns dazu inspirieren, das Leiden auf der Erde als ebenso sinnlos zu begreifen! Es ist eine Frage unseres Denkens und Handelns, ob wir einen Weg finden können, in Harmonie mit unseren Mitmenschen und Mitwesen auf diesem Planeten zu leben, oder ob wir so kurzsichtig sind, unser eigenes Glück gerade dadurch zu gefährden, dass wir nur unser eigenes Glück suchen …

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